Kreistag: Resolution zur Krankenhausfinanzierung

24.10.24 – von Kreistagsfraktion

In der heutigen Sitzung des Kreistags wurde folgende Resolution beschlossen:

Die 36 niedersächsischen Landkreise und die Region Hannover befinden sich in einer äußerst angespannten Haushaltslage. Bereits im Haushaltsjahr 2024 mussten sie durchweg unausgeglichene Haushalte verabschieden. Anders als in den Vorjahren hat sich die Situation im Haushaltsvollzug nicht verbessert. Vielmehr sind für das Haushaltsjahr 2025 weitere Steigerungen der roten Zahlen zu erwarten. Die Ursachen sind weitgehend fremdbestimmt. Hohe Ausgabenzuwächse insbesondere im Bereich der Jugend- und Sozialhilfe, deutliche Tarifsteigerungen bei den Personalkosten, weitere Aufgabenübertragungen ohne entsprechenden finanziellen Ausgleich und ein unzureichend dotierter kommunaler Finanzausgleich prägen die Entwicklung.

Besonders belastend wirkt sich in vielen Kreishaushalten eine Aufgabe aus, für die die Landkreise nicht zuständig sind. Die Finanzierung des laufenden Betriebs der Krankenhäuser obliegt den Krankenkassen. Die Rahmenbedingungen setzt der Bundesgesetzgeber. Die Finanzierungsmechanismen tragen der tatsächlichen Kostenentwicklung der vergangenen Jahre in den Kliniken nicht Rechnung. Trotz vielfältiger Bemühungen der Länder, der Krankenhausgesellschaften und der kommunalen Spitzenverbände weigert sich die Bundesregierung bis heute, den notwendigen Inflationsausgleich der Jahre 2022 – 2024 anzuerkennen. Wird diese Lücke nicht geschlossen, werden viele Krankenhäuser weiterhin jährlich erhebliche Defizite ausweisen und von der Insolvenz bedroht sein.

Die Landkreise und kreisfreien Städte mussten bereits im Jahr 2023 586 Millionen Euro für die sachfremde Aufgabe der Stützung der kommunalen Kliniken aufwenden. Die Defizite steigen weiter. Die aus der Verantwortung für die Sicherstellung einer hochwertigen bürgernahen stationären Versorgung übernommene Funktion eines Ausfallbürgen gefährdet jegliche Spielräume der kommunalen Selbstverwaltung.

Der Bundesgesundheitsminister hat seine bisherigen Zusagen zur Schließung des strukturellen Defizits der Kliniken durchweg nicht eingehalten. Derzeit befindet sich das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz in der parlamentarischen Beratung. Hierin werden die Grundlagen der künftigen Krankenhausstrukturen und ihrer Finanzierung gelegt. Eine solch grundlegende Reform darf nicht verabschiedet werden, ohne eine leistungsgerechte Finanzierung der notwendigen Kliniken zu gewährleisten.

Die Niedersächsische Landesregierung ist daher aufgefordert, den Vermittlungsausschuss anzurufen und dem KHVVG ohne eine Schließung der Inflationslücke 2022 – 2024 nicht zuzustimmen. Unterlässt sie dies, steht sie in der Mitverantwortung für das strukturelle Defizit der Krankenhäuser. Der Landkreis Celle wird in diesem Fall das Land Niedersachsen in Mitverantwortung nehmen und es auffordern, wenigstens die Hälfte der Gegenfinanzierung der laufenden Kosten für das Allgemeine Krankenhaus Celle zu übernehmen.

Der Kreistag beschloss die Resolution parteiübergreifend und einstimmig bei einer Enthaltung.

Dazu die Rede von Christian Ehlers (GRÜNE):

Die 2010er-Jahre waren, wenn wir ehrlich sind, Jahre des Versäumens. Brücken und andere Infrastruktur, die verfällt. Eine Mobilitäts- und Klimawende, die verschlafen wurde. Und all das spüren wir auch hier, auf Kreisebene. Der Zustand der Digitalisierung? Auch hier sind wir nicht dort, wo wir sein müssten. Das kostet uns – und zwar viel. Als Landkreis der kaum eigene Steuern erhebt, sind wir auf die Mittel von Land und Bund angewiesen, weil wir Pflichtaufgaben erfüllen müssen, die an den Kreis übertragen wurden.

Aber die Mittel reichen einfach nicht.

Und wenn wir dann in der Zeitung lesen, dass Milliarden in Projekte wie die Ausländermaut fließen, dass Vetternwirtschaft bei Maskendeals und die schleppende Aufarbeitung des Cum-Ex-Skandals Milliarden verschlingen, dann fragt man sich: Wo bleibt das Geld für die wirklichen Probleme?

Die Krisen, die sich derzeit häufen – Klimawandel, Corona, die Inflation, der Krieg in der Ukraine – all das wirkt wie ein Brandbeschleuniger. Die Zeiten, in denen Geld fast nichts kostete und die Einnahmen immer weiter stiegen, sind vorbei. Die Opposition im Bund? Statt konstruktiver Kritik sehe ich oft nur den Versuch, noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.

Ein weiteres Beispiel ist das Gesundheitswesen. Was haben wir in den 2010ern gesehen? Reförmchen statt Reformen. Ich weiß noch, wie der ausgeschiedene Landrat mir widersprach, als ich in einem Ausblick auf einen Regierungswechsel einbrachte, dass die nächste Bundesregierung sich der Krankenhausthematik annehmen wird. Der Angriffskrieg auf die Ukraine setzte zeitweise nachvollziehbar andere Prioritäten. Letztendlich wurde jetzt aber nach Jahren des Stillstands geliefert. Vorhaltevergütungen für Krankenhäuser sind eine gute Sache, wie auch die mit dem Gesetz verbundenen Qualitäts- und Effizienzmaßnahmen.

Die Vorhaltevergütungen für Krankenhäuser sind ein Schritt in die richtige Richtung. Qualität und Effizienz werden gestärkt – das war längst überfällig.

Aber, und das sage ich ganz deutlich: Wir dürfen uns nicht damit zufriedengeben. Bei unserer letzten Fraktionssitzung haben wir daher einhellig beschlossen die Resolution zu unterstützen. Es tut mir leid, dass es den jetzigen Minister trifft, wo doch Vieles von seinem Vorgänger nicht angepackt wurde.

Ich zitiere an dieser Stelle die Deutsche Krankenhausgesellschaft:

Insbesondere die nicht refinanzierten Kostensteigerungen der Jahre 2022 und 2023 haben die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser massiv verschärft. Wenn 80 Prozent der Standorte dauerhaft rote Zahlen schreiben, muss man davon ausgehen, dass ein Versagen des Finanzierungssystems die Ursache ist.

Zwingend notwendig ist vor allem ein umfassender Inflationsausgleich für die Jahre 2022 und 2023 und die vollständige Refinanzierung der Personalkostensteigerungen.

Die Krankenhäuser begrüßen die Einführung einer Krankenhausplanung anhand bundeseinheitlicher Leistungsgruppen ausdrücklich.

Die geplante Vorhaltevergütung verursacht massiven Bürokratieaufwand, erreicht aber die wesentlichen politischen Ziele nachweislich nicht. Sie baut auf dem aktuell unzureichenden Finanzierungsvolumen auf und verteilt bestehende Mittel, die schon heute nicht die Kostenstrukturen abbilden, lediglich um.

Bislang schafft das Gesetz einen massiven Bürokratieaufbau und keine Entbürokratisierung. Krankenhäuser müssen wirksam entlastet werden statt immer wieder mit neuen Pflichten Personal, welches dringend für die Patientenversorgung benötigt wird, versorgungsfern zu binden.

In der vorletzten Woche haben die Krankenkassen und Krankenhäuser die Vergütungsregelung für 2025 angepasst. In einer gemeinsamen Pressemitteilung wird aber weiterhin festgehalten. Ich zitiere:

Jenseits davon bleibt es nun aber Aufgabe der Politik, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Krankenhäuser zu stabilisieren.

Daher hat die Krankenhausgesellschaft vorgestern nochmals appelliert:

Nach wie vor fehlt der Inflationsausgleich als notwendige finanzielle Brücke bis die Reform greift. Noch immer halten die Erlöse nicht Schritt mit der realen Kostenentwicklung. Noch immer zwingt diese Lücke viel zu viele Krankenhäuser in die Knie. Viele bedarfsnotwendige Häuser, vor allem in ohnehin vielfach unterversorgten ländlichen Regionen, werden so die Reform nicht mehr erleben.

Es wäre widersprüchlich in Haushaltsberatungen auf Finanzierungspflichten des Landes zu verweisen oder die Bezahlung der Krankenhausmitarbeitenden zu kritisieren, aber im entscheidenden Moment einem „weiter so“ mit dem Argument „die Reform hat auch ihre guten Seiten“ zuzustimmen. Denn auch auf anderen Gebieten, erleben wir sehr gute gesetzliche Verbesserungen – wie zuletzt beim Wohngeld. Aber auch dort haben wir letztendlich aus den Mitteln des Kreises Geld in die Hand genommen und Personal eingestellt, damit unsere Bürgerinnen und Bürger nicht unter dem Bürokratieaufbau zu leiden haben und zügig ihre Leistungen bekommen.

Eine Resolution ist ein Zeichen. Ein Zeichen – auch an unsere Landes- und Bundesparlamentarier*innen – zum Wohle des Landkreises zusammenzuarbeiten und die strukturellen Probleme des Landes zu bewegen. Und dazu gehört auch eine auskömmliche Finanzierung auf kommunaler Ebene, auch für die Krankenhäuser.

Denn unser Krankenhaus hier erbringt Leistungen, die weit über die Kreisgrenzen hinausgehen. Und das wird in Zukunft noch viel mehr der Fall sein. Wie in der Presse zu lesen ist, verlassen hochqualifizierte Ärztinnen und Ärzte die ostdeutschen Bundesländer – oft wegen der Wahlerfolge der Rechtspopulisten. Wer will schon in einem Umfeld arbeiten, das Wissenschaft und Menschlichkeit ablehnt? Wenn dort die medizinischen Strukturen zusammenbrechen, wird auch der Druck auf unser Krankenhaus steigen. Darum ist das, was wir heute fordern, keine Kleinigkeit. Es geht um die Zukunft unserer Gesundheitsversorgung. Und das ist nicht weniger als eine gemeinschaftliche Aufgabe – eine Aufgabe, die wir nur gemeinsam lösen können.

Und die Rede von Anne Pfützner (GRÜNE):

Ich freue mich, dass wir über die Resolution zur Krankenhausreform in öffentlicher Sitzung abstimmen. Dieser Resolution werde ich nicht zustimmen, sondern mich enthalten, weil das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) deutliche Vorteile bringt. Von GRÜNEN Mitgliedern im Gesundheitsausschuss des Bundestags gibt es eine Aufzählung dieser Vorteile: die Versorgung im ländlichen Raum wird verbessert, es ist gut für die Geburtshilfe, es bietet bessere Versorgungsbedingungen für Kinder und Jugendliche, es sorgt für die Beteiligung der Privaten Krankenversicherung, es verbessert die Nachhaltigkeit und es ist gut für die finanzielle Sicherheit der Kliniken.mmerhin biete It das KHVVG eine rückwirkende Erhöhung der Landesbasisfallwerte für das Jahr 2025 und somit Mehreinnahmen.

Die Krankenhausreform sollte unbedingt verabschiedet werden weil viel Verschlepptes jetzt angefasst wurde und viel für unserer Krankenhäuser erreicht werden wird. Davon - von diesen Vorteilen - soll auch das AKH profitieren. Die Krankenhausreform weist mit Sicherheit noch deutliche Verbesserungsmöglichkeiten auf wie die inflationsbedingte Finanzierungslücke in  den Krankenhauserlösen und die Tarifsteigerungen. Diese Lücke muss für die Zukunft - sowohl bei der Einnahmen, als auch bei der Ausgabenseite - geschlossen werden. Wenn Niedersachsen der Krankenhausreform nicht zustimmt, kommt nichts voran und der beklagenswerte Zustand hält Ianger weiter an.

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